Herbert James Draper – Halcyone
Die Zugvögel.
Des Windes, des Meeres Wallen
Gaben sie frischen Klang?
Hörtest Du in den Hallen
Saiten und Festgesang?
Die Winde, die Wogen alle
Lagen in tiefer Ruh';
Einem Klagelied aus der Halle
Hört' ich mit Thränen zu.
Uhland
Sagt, fröhliche Vöglein, ihr, wandernd im Flug,
Woher euch der Frühling, der blühende, trug?
»Wir kommen vom Strande des Nils, alt und grün,
Vom Land, wo die Rosen von Saron blüh'n,
Von Palmen hoch wogend in indischer Luft,
Von des glüh'nden Arabiens Myrrhenduft.
Ueber liedergefeierte Städte wir flogen,
Sie liegen jetzt stumm, von der Wüste umzogen.
Wir kreuzten ob Flüssen, mit deren Flut
Einst dunkel strömte der Krieger Blut.
Und zur Heimath trug Jeden der Flügel schwach,
Sei's zum Königsschloß oder zum Hüttendach.«
Wie habt Ihr gefunden die Königshall',
Seit ihr überfloget der Wogen Schwall?
»Wir sah'n sie verändert, wir sah'n eine Bahr'!
Und die festliche Halle gar schauerlich war,
Und vergossenes Blut klebt am Boden fest,
Und nichts blieb sich gleich, als nur unser Nest.«
Ihr Vöglein, so ist es jeher gescheh'n;
Durch Königshallen die Stürme weh'n,
Doch im Dorfe die Hütten ruh'n tief und sacht,
Von den Hügeln in ihrer Ruhe bewacht.
Was sah't Ihr, sagt an, in des Landmann's Haus,
Seit Ihr zog't von der lieblichen Stelle aus?
»Wir fanden's verändert, verändert gar sehr,
Nicht die alten Gesichter und Fußstapfen mehr;
Verschwunden das Haupt mit dem silbernen Haar,
Von Sorgen verdüstert, was jugendlich war,
Und stumm ist der Platz, wo die Jugend gelacht,
Und sich gleich blieb das Nest nur, das wir uns gemacht.«
Von der schönen Erd' bringt Ihr gar traurige Mähr',
Ihr Vöglein, die kräftig Ihr schwebt d'rüber her!
Euch bringt durch die Lüfte unendliche Bahn
Ein Führer, und das ficht Verzweiflung noch an?
Ueber Tiefen und Wüsten gezogen seid Ihr, –
So zieh'n einst zum schöneren Vaterland wir!