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Sidonia Hedwig Zäunenmannin – Das Ilmenauische Bergwerk.     Zur Biographie


Sidonia Hedwig Zäunenmannin, Das Ilmenauische Bergwerk, Den 5ten Merz 1737, ERFURT, gedruckt mit Carl Friedr. Jungnicols hinterl. Erbin Schriften.


20110904_ Titelblatt des Buches

Titelblatt des Buches


Das
Ilmenauische
Bergwerk,
wie solches
den 23sten und 30sten Jenner des 1737sten Jahres
befahren,
Und bey Gelegenheit des gewöhnlichen
Berg-Festes
mit
poetischer Feder uf Bergmännisch
entworfen wurde,
von
Sidonia Hedwig Zäunenmannin
aus Erfurt.
 
Den 5ten Merz 1737.
ERFURT, gedruckt mit Carl Friedr. Jungnicols hinterl. Erbin Schriften.


 

Großmächtigster Monarch!
 
 
Ich widme Dir .. - doch nein!
Die Kühnheit ist zu groß; Es möchte strafbar seyn,
Wofern ich mich so frey zum Purpur wagen solte,
Und meiner Niedrigkeit darbey vergessen wolte.
Jedoch! was red ich jetzt? Darf sich die Poesie,
Vor kein gesalbtes Haupt, und großen Königs Knie
In Unterthänigkeit und Demuth niederwerfen?
Kein Dichter seinen Kiel zum Dienst des Königs schärfen?
O ja! so sehr man auch die reine Dichtkunst flieht,
So wenig man auch sonst auf ihre Schönheit sieht,
Sie aus Verachtung schilt, und schimpflich gnug benennet;
So lebt doch mancher Fürst, der ihren Adel kennet.

 
Großmächtigster August! Der Held, so Dich gezeugt,
Und dessen Helden-Ruhm bis an den Himmel steigt,
Und noch im Tode lebt, hat bey vergnügten Stunden
Auch an der Dichter-Kunst nicht wenig Lust gefunden.
Er wußte selbsten schon was rein und lieblich war,
Drum kunt ein muntrer Kiel sein Lied ganz ohn Gefahr
Dem weltberühmten Held vor Aug und Antlitz bringen,
Und einen reinen Thon nach Art der Dichter singen.
So sehr nun Diesem Held ein Helden-Lied gefiel,
So süße kams Ihn vor, wenn man ein Säyten-Spiel
Nach muntrer Bergmanns-Art vor seine Ohren brachte,
Und seinem hohen Geist dadurch Vergnügen machte.
Hat nicht dis große Haupt bey mancher Lustbarkeit
Ein Aufzug nach der Art der Bergmannschaft erfreut?
Wie hoch hat nicht sein Ohr die Berg-Music geschätzet,
Die seinen tapfern Geist durch ihren Thon ergötzet?
Mein König! alle Welt legt Dir dis Zeugniß bey,
Daß Deine Königs-Brust dem Vater ähnlich sey.
Du hast des vaters Thron wie seinen geist bekommen.
Was Du, Großmächtiger! gethan und vorgenommen,
Und was Du jetzt noch thust, das zeiget klärlich an,
Daß man Dich auch mit Recht Augusten nennen kan.
Du bist mit Großmuth selbst wie jener ausgeschmücket
Dein Auge nicht allein auf hohe Cedern blücket;
O Nein! Dein hoher Geist schaut nach des Vaters Brauch,
Auch auf ein niedrig Laub, und kleinen Rosen-Strauch,
Ein jeder darf getrost Dein hohes Antlitz sehen,
Und kan von Dir, o Held! vergnügt zurücke gehen.
Herr! dieses gibt mir Kraft; dis reizet meinen Kiel;
Dis machet mich beherzt, daß ich mein Dichter-Spiel
In Untherthänigkeit vor deine Füße lege,
Und keinen Zweifel nicht in meiner Seele hege;
Als würdest Du mein Blat verachten und verschmähn.
Du wirst, Großmächtigster! nur auf das Herze sehn,
Das Dir jetzt Ehrfurchtsvoll dis Blat in Demuth sendet.
Herr! die Verwegenheit hat nicht den Sinn geblendet,
Du bist, gesalbtes Haupt! der größten Opfer werth,
Kein Mensch ist in der Welt, der Dich nicht hoch verehrt.
Ich kan Dir sonst o Herr! in meinem ganzen Leben
Nichts als ein Ehrfurchts-Blat mit Reimen übergeben.
Verschmäh, Großmächtigster ! die Opfer-Gabe nicht:
Ich bitte Demuths-voll: Herr! kehr Dein Angesicht
Mit Gnaden auf dis Blat, so werd ich glücklich heisen,
Und andre werden mich auch gleichfals glücklich preisen.
 
Ihro Königliche Majestät
und Chur-Fürstl. Durchl.
 
 

allerunterthänigst-gehorsamste
Dienerin
Sidonia Hedwig Zäunemannin.




Glück auf! Glück auf! wer sucht mich schon
So früh in meiner Ruh zu stöhren?
Glück auf! o Reitzungs-voller Thon!
Was könt ich wohl vergnügters hören?
So recht! mein Wunsch trift ein; der klare Ilmen-Fluß
Gibt mir Gelegenheit zu sehen,
Wie weit die Wunder GOttes gehen;
Mein Vorsatz wird erfüllt. Es ist der Bergmanns-Gruß.
Wie zärtlich hör ich ihn zu vielenmalen klingen;
Wie reitzend sucht er mir durchs Ohr ins Herz zu dringen.
Wie angenehm und süß kommt mir
Der ungewohnte Zuruf für!
 
Nur fort, wohin? vor Ilmenau!
Da wird dein Geist Vergnügen finden.
vergnügen? ist die Luft nicht rauh?
Liegt nicht ein festes Eis in Gründen?
Bedecket nicht anjetzt ein tief gefallner Schnee
Die grün- und finstern Tannen-Wälder,
Die sonst mit Klee geschmückten Felder,
Der Thäler buntes Kleid und auch der berge Höh?
Man hört ja, wie mich dünkt, nicht eine Wald-Sirene;
Man hört im Gegentheil ein kläglichs Wald-Gethöne.
Es sieht ja alles dürr und grauß,
Todt, furchtsam und erstorben aus.
 

Doch nein! du hegest falschen Wahn,
Versuchs! du wirst dein Herz ergötzen.
Komm! sieh das Berggebäude an,
Dieß wird dich schon in Freude setzen.
Schau dort, den Hütten-Rauch, geh eiligst! komm herbey,
Und sieh was Menschen-Hände bauen,
Wodurch wir GOttes Seegen schauen.
Trit her! du findest hier die alte Güt und Treu.
Wohlan! so will ich nun nicht länger wiederstreben,
Hingegen sehr genau auf alles Achtung geben.
Ich fühl auch schon in meiner Brust
Ganz ungemeine Freud und Lust.
 
Was blickt dort vor ein Schein hervor?
Wem hört ich uf dem Zechhaus singen?
Hier will dem HErrn ein Bergmanns-Chor
noch vor der Anfahrt Opfer bringen.
O tröstlicher Gesang! o schönes Sterbe-Lied!
Das Herz wird kräftiglich gerühret,
Und von dem Eitlen abgeführet,
Indem die Andacht-Gluth mich recht zum Himmel zieht.
Hier lerne ich die Welt und ihre Lust verachten,
Und meines JEsus Tod und meinen Tod betrachten.
Hier lern’ ich, wie man GOtt verehrt,
Bevor man sich zur Arbeit kehrt.
 

Das Auge kan sich überall
An Schächten* und an Tag-Gebäuden,
Bey manchem schönen Wasser-Fall,
Mit Lust und viel Vergnügen weiden.
Drum hält mich nichts zurück, ich steige frisch hinauf.
Der steile Berg gleich einem Walle;
Hier laufen Stürzer uf der Halle ,
Ein jeder grüßet mich und ruft mir zu: Glück auf!
Wohin ich meinen Fuß auf dem Gebirge richte,
Daselbst vergnügt sich auch mein Geist und das Gesichte.
O was vor eine Freudigkeit
Erfüllt mein Herz zu dieser Zeit!
 
Was hat nicht dort die Kunst vollbracht!
Ich seh das Wasser von den Teichen
Uf Wilhelm Ernst den tiefen Schacht,
Zum Künsten sanft und stille schleichen;
Bald lauft es schnell und stark. Dieß wallende Crystall,
Kan mir im Winter, wie im Grünen,
Zur lieblichsten Ergötzung dienen;
Bald labt mich sein Gespräng und bald sein steiler Fall,
Die Räder bey der Kunst, das Kehr-Rad läßt mich sehen,
Wie alles ordentlich und richtig müsse gehen.
Wo wächst durch Anfahrt, Rad und Seil,
Des Bergwerks Wohlfahrt, Glück und Heil.
 
 
 
* Ernst August, Gott hilft gewiß, Wilhelm Ernst, GOttes Gabe, Güte Gottes, Treppenschacht, und Renhaus-Sachsen.

Durch eine Rösche spür ich dort
Das Wasser im Gefluder laufen.
Es eilt zur Gottes-Gabe fort,
Das Bergwerk möchte sonst ersaufen.
Hier wird durch Seil und Rad, Erz, Siefer und Gestein,
Nach Wunsch zu Tage ausgetrieben.
Dort müssen sich die Knappen üben,
Damit in steter Gluth die Schiefer-Häuser seyn.
Man läufet ab und zu, ja gleichsam um die Wette,
Und machet mit Begier und größten Fleiß die Bette;
Worauf man denn die Erzerößt,
Und dadurch die Gewercken tröst.
 
Am Feld-Gestänge nehm ich wahr,
Wie richtig Künst’ und Kreutzer gehen.
Ich kan allhier noch ohn Gefahr
Des Berg-Inspectors Aufsicht sehen.
Was klingt mir vor dem Ohr? Wer spielt auf diesem Berg?
Wer pfeift, und führt den Tact so schöne?
O! wie vergnügt mich dieß Gethöne!
Nun weiß ich, was hier spielt. Es feilt das Eisenwerck
Ich höre noch darzu so manchen Gruß erschallen,
Dieß dringt durch Geist und Mark, mein Herz fängt anzuwallen.
Des Bergwercks Schönheit nimmt mich ein,
Ich will, ich muß ein Bergmann seyn.
 

Ich kan die Regung meiner Brust
Ohnmöglich länger unterdrücken:
Ich muß zu meiner Herzens-Lust
Mich mit des Bergmanns-Kleide schmücken.
Der Schacht-Hut ziert mich schon, nun bin ich ganz verkleidt!
Mein Gruben-Licht hat auch sein Feuer.
Kein unterirdisch Ungeheuer,
Noch Fahrt, Gefahr noch Müh setzt mich in Bangigkeit.
Schweigt stille! denn mein Geist wagt alles durchzugehen.
Schweigt! lasset mich im Berg die Weisheit GOttes sehen.
Glaubt, daß ich jetzt so lustig bin,
Das macht, mir liegt die Fahrt im Sinn.
 
Man wendet zwar darwider ein:
Kein Weib soll Mannes-Kleider tragen.
(Wenn es gelegne Zeit wird seyn,
Will ich hierauf die Antwort sagen.)
Man wirft mir weiter vor: Dieß sey nicht mein Beruf.
Es sey von GOtt der Weiber-Orden
Zum Haushalt nur erschaffen worden,
Man nimmt des Salomons sein Spruch-Buch zum Behuf.
Der König hat zwar recht; allein wer wills uns wehren,
Wenn wir darneben auch uns von dem Pöbel kehren.
Wer straft uns, wenn auch unser Geist
Ein Herz voll Muth und Feuer weist?
 

Wozu hat uns die höchste Kraft
Verstand und Muth ins Herz gegeben,
Als daß wir auch nach Wissenschaft,
Und edlen Werken sollen streben?
Wie manches Frauenbild macht Kiel und blat bekant;
Wie manches ist durch Helden-Thaten
Ins Buch der Ewigkeit gerathen.
Spieß, Degen, Blat und Kiel schmückt auch die Weiber-Hand.
Weswegen soll denn nicht ein Frauen-Bild auf Erden
Durch Leder, Licht, und Fahrt ein kühner Bergmann werden?
Auch diese That muß rühmlich seyn!
Glück Auf! ich fahre freudig ein.
 

ZurückWarum? O nein! mir macht
Die Seiger-Fahrt gar keinen Grauen.
Ich, und mein Führer haben acht,
Ich kan ganz wohl den Wechsel schauen.
Mir kommt die Seiger-Fahrt wie Jacobs Leiter für.
Hier seh ich, wie die Seraphinen
Den Fahrenden zum Schutze dienen.
O! wären sie nicht da, wie trostlos wären wir!
Es müßte unser Leib zerschmettern und zerbrechen;
So aber können wir die Worte fröhlich sprechen;
Weil dieß der Himmels-Leiter gleicht,
So wird mit GOtt der Flöz erreicht.
 
Was zeigt sich hier vor ein Gebäu?
Wie künstlich baut man in die Erde?
Ihr Werk-Verständigen! sagt nur frey,
Ob oben so gebauet werde?
Das allergrößte Haus, der herrlichste Palast
Wird wahrlich nicht so fest gegründet,
Als man den Berg gezimmert findet.
Hier trägt ein festes Holz die allerschwerste Last.
Venedig ist gestützt und schwebet auf dem Naßen,
Hat dort Semiramis auf Pfeiler bauen laßen;
O! so beschämt doch dieser Berg
Dieß beydes, Stadt und Gartenwerk.
 

Jetzt spür ich wie die Wetter ziehn,
Ich fühle nun die untern Lüfte.
Mein Auge wende sich dorthin,
Hier siehst du übersetzte Klüfte.
Wie schön und rein und frisch, wie sanft, wie schnell und klar,
Lauft dort das Wasser im Gerinne.
Belustget euch entzückte Sinne!
Gebt den Gedanken Raum! doch seht! was nehm ich wahr?
Man stürzet Karren aus: Man drecket Erz und Schiefer,
Hier sitzt es sich gut auf. Doch fort! nur immer tiefer!
Fahrt an des Fötzes ganzen Stoß,
Und uf die Häuer munter los!
 
Herzu! da geht das Schmeißwerk gut.
Wie edel sind allhier die Gänge!
Dort schrämt man mit vergnügten Muth,
Denn man erblicket Erz in Menge.
Des großen Physici sein Thränen-volles Buch,
Weiß uns auch Gänge, Gold und Eisen,
Gestein und Schiefer aufzuweisen.
So gab schon dazumahl die Grube Erz genug.
Man wußte nach der Kunst die Wasser abzuschützen,
Man fuhr dem tiefsten nach, man blieb nicht oben sitzen.
So bringt des Bergwerks Alterthum
Dem Bergwerk nicht geringen Ruhm.
 

Es zeiget mir der alte Mann,
Die lang-geweßne Vater-Treue,
Und alte Güte GOttes an.
Ja, jetzt erblick ich sie aufs neue.
Geschicke , Anbruch, Flöz lehrt GOttes milde Hand,
Und seiner hohen Weisheit Stärke,
Und seiner Allmacht Wunderwerke.
Hier macht sich seine Huld und Liebe recht bekant.
O! solt ein Stoicus in diese Grube kommen,
Ich weiß, ihm würde bald sein falscher Wahn benommen.
Er würde mit Ergötzen sehn,
Was hier die Allmacht läßt geschehn.
 
Als GOtt schon bey sich festgestellt,
Die Felder herrlich auszuzieren,
So ließ er auch der untern Welt
Die Fülle seiner Güte spüren.
Gibt uns das Erd-Gebäu Feld, Wiesen, Gärten, Wald,
Korn, Obst und Kraut und andre Gaben,
Die wir zum Leben nöthig haben;
So dient das Bergwerk auch zu unsern Unterhalt.
Gold, Silber, Erz und Bley, Salz, Schwefel, Kupfer, Eisen,
Muß uns auf dieser Welt den größten Dienst beweisen.
Woraus man ja den Seegens-Fluß
Des Bergwerks gnug erkennen muß.
 

Wie sehr wird nicht zur Frühlings-Zeit,
In Gärten und auf bunten Auen,
Das Auge und der Geist erfreut!
O schöne Blumen, die wir schauen;
Allein wagt euch in Berg! kommt! fahret mit mir ein!
So findt ihr gleiche Anmuths Spuren,
Ihr schaut die leiblichsten Figuren.
In Schwülen abgebildt. Bald werdens Blumen seyn;
Bald Bäume, Fische, Kraut; bald andre Lieblichkeiten,
Und Bilder, welche fast der Künstler Werk bestreiten.
So siehet nun dieß untre Haus
Gleich wie der schönste Garten aus.
 
Da unsre Eltern das gebot
Im Paradiese übergangen;
So kam der Fluch: Ihr solt das Brod
Durch saure Müh und Schweiß erlangen:
Ja wohl trift dieses zu. Der bergamnn trägt den Lohn
Nanch naßen Kitteln, Müh und Schrecken
Und Karren übern Arsch zu drecken,
Nach öftern Mord-Geschrey, an wenig Geld davon.
Von Noth und Kümmerniß, von Jammer-vollen Tagen,
Von Elend, Angst und Schmerz kan uns ein Bergmann sagen.
Er wünscht die Berghenn’ nach der Schicht,
Und schmeckt sie doch wohl öfters nicht.
 

Ihr Helden! die ihr euch so sehr
Auf Degen, Stahl und Lager stützet,
Schaut, ob man hier wofern nicht mehr,
Doch gleiche Tapferkeit besitzet?
Ihr könt ja euren Feind im Feld vor Augen sehn;
Ihr könt zur Linken und zur Rechten
Mit Vortheil, klug und muthig fechten;
Ihr werdet doch gewahr, woher die Kugeln gehn.
Ihr könt auch in Gefahr den Unglücks-vollen Streichen
Des Feindes oft geschickt entfliehen und entweichen;
Wodurch sich euer Leib und Geist
Dem Unfall und dem Todt entreist.
 
Allein seht unsre Knapschaft[*] an;
Erwegt, mit wem dieselben kämpfen!
Hier drohet uns der alte Mann;
Dort will die Fluth das Leben dämpfen.
Seil , Tonne, Rad und Kunst zerquetschen Arm und Bein;
Bald zeigt der Bergmönch unser Ende;
Und bald zerschmettern uns die Wände;
Bald schläfert unsern Geist ein Stempel kläglich ein.
Wir können unsern Feind nicht sehen und entfliehen,
Noch uns, wie ihr im Feld, so leicht zurücke ziehen.
Drum auch die Grube, gleich dem Feld,
Vieltapfre Streiter in sich hält.
 
 
 

[*] im Original (Digitalisat) Fehler der Setzers: Kanpschaft statt Knapschaft

Wenn Krieger nach dem Lager ziehn,
So ist ihr Marsch ein Weg der Freuden;
Da wir vielmehr das Eitle fliehn,
Und unsern Geist in Andacht weiden.
So wohl die Fahrt als Gang zeigt größre Sittsamkeit,
Als jene Reise muntrer Helden.
Was wollt ihr viel von Schiesen melden?
Wir sind so gut als ihr zu dieser That bereit.
Ihr zündt das Pulver an, und schießt nach Maur und Wällen;
Wir wissen das Gestein im Berge zu zerschellen.
Ihr brechet durch; nach Kriegs-Gebrauch,
Und sprengt den Stein; wir gleichfalls auch.
 
Wenn Helden nach der blutgen Schlacht
Die angenehmste Ruh geniessen;
So läßt der Bergamnn in dem Schacht
Den heisen Schweiß von Wangen fließen.
Die Knapschaft hat stets Krieg, sie ruhet niemahls aus,
Allhier ist ein beständig Streiten,
Man hat die Feinde stets zur Seiten.
Drum grünt und blüht uns auch ein schöner Ehren-Strauß.
Die Helden rühmt man hoch die vor dem Feind gestritten.
Wie vielmahl haben wir gekämpft, gekriegt, gelitten?
Die Grube läßt uns keine Rast,
Drum sind wir stets zum Streit gefaßt,
 

Wenn unser werthes Vaterland
Ein feindlich Krieges-Heer beziehet,
Und sich der tapfre Helden-Stand
Um Schwerdt und gegenwehr bemühet;
So sieht die Knapschaft auch hierbey nicht müßig zu,
Sie greift auch nach Gewehr und Degen,
Und sucht die Feinde zu erlegen.
Seht, also fördert auch der Bergamnn Fried und Ruh.
Wer dieß zu läugnen denkt, mag nur zurücke sehen,
Was zu Augustens Zeit in Sachsen-Land geschehen.
Man gab der Knapschaft, die man fand,
Schwerdt, Bley und Pulver in die Hand.
 
Zurück! zurück! hier gibts Gefahr!
Seht! hier muß ausgewechselt werden.
Ein jeder nehme seiner wahr!
Getrost! GOtt wohnt auch innder Erden;
Die Engel stehn uns bey; sie lagern sich allhier.
Ihr Flügelschutz bedeckt uns immer
Vor Ort, bey Künsten im Gezimmer,
Sie reisen aus der Noth; ihr Antlitz leuchtet uns für.
Sie unterstützen uns, und fördern die Geschäfte,
Erhalten uns gesund, und geben Stärk und Kräfte.
Daher die Husche von uns flieht,
Die sonst in Gruben nach uns zieht.
 

So sehr der Arzt, Hygäens Kind,
Das Auge an den Kräutern weidet,
Die er im Feld und Wäldern findt,
Und aus den bunten Gärten schneidet;
So lieblich stellt er sich auch hier das Bergwerk vor.
Warum? es bringt ihm viel Ergötzen;
Es weiß ihm Sachen vorzusetzen,
Die voller Anmuth sind. Verwirft sie gleich ein Thor;
Aus Mineralien, die aus der Grube kommen,
Wird mancher edle Stein zur Arzeney genommen.
Die Welt denkt mit Verwundrung dran,
Was einstens Theophrast gethan.
 
Herr Berg-Inspector! immer fort!
Ich muß das Vorgesümpfe sehen,
Ich muß in diesem tiefen Ort
Auch mit Betrachtung stille stehen.
Wie so? auch dahinnein? Das Wasser rauscht hier sehr.
Es hat seit zwölf und noch mehr Jahren
Kein Mensch dieß Vorgesümpf befahren.
Die Kittel werden hier von vielen Wasser schwer.
Was Wasser! laßt es seyn! laßts toben, brausen, stürmen;
Ein Zärtling sucht sich nur vor dieses zu beschirmen.
Bleibt nur mein Feuer und sein Schein;
So fahr ich in das Tiefste ein.
 

Dem David wurde ehedem
Von Helden, die im Tode leben,
Dort aus dem brunnen bethlehem
Ein Trank von Wasser übergeben.
O! hätt ich doch anjetzt ein schönes Glaß bey mir,
Ich wolte meine Sehnsucht stillen,
Und dieses Glaß mit Wasser füllen:
Ich trüg es nach der Fahrt gleich meinem Herzog für.
O! daß ich doch die Hand zu Licht und Fahrt muß haben;
Ich brächte mein Geschenk und tiefste Ehrfurchts-Gaben
Dem Held August in voller Hand,
Gleich wie Sinät in Perser Land.
 
Ich habe nun die Seegens-Spuhr
Der Allmacht in der Erd erwogen,
Und aus den Wunder der Natur,
Die schönste Wissenschaft gezogen.
O wie vergnügt bin ich! wie frölich fahr ich aus!
Weg Spielem, Tanzen, Scherz und Schmücken;
Das Bergwerk kan mich nur erquicken;
Kein Garten labt mich so, als dieses untre Haus.
Auf! ich muß noch mehr sehn! ich will in den nächsten Tagen
Mit gleicher Munterkeit mich auch in Stollen wagen.
Geht, bringt mir Kleid und Gruben-Licht,
Damit es mir an nichts gebricht.
 

Glück auf! hier fährt man Seiger zu,
Wir sind nun an das Kreuz-Ort kommen.
Was Wunder, wenn ich frölich thu?
Weil ich viel Schönes wahrgenommen.
Wie lieblich, rein und klar bricht sich das Frauen-Glaß,
Wie reichlich bricht man Nester-weise
Das Erz zu unsers Schöpfers Preise?
Der Seegen zeiget sich allhier in reicher Mas.
Wie baltig ist das Erz! ich kans nicht gnug betrachten.
Wie hoch ist doch die Huld der Majestät zu achten.
Wie süße wird das Herz vergnügt,
Wenn solcher Schatz vor Augen liegt.
 
Ihr Künstler! bildet euch nicht ein,
Ihr wüstet alles auszuzieren.
Des Stollens Gang und sein Gestein,
Weiß schönre Farben aufzuführen.
Kommt! schaut den Sinter an; hier ist er lieblich grün:
Bald will er reinem Purpur gleichen;
Bald muß ihm Schnee an Farbe weichen;
Bald scheint sich das Gestein roth, gelb zu überziehn.
Da fügt die untre Luft und Wasser was zusammen,
Daß Bäume mancher Art in kurzen draus entstammen.
Dort setzt sich ein Gewächse an,
Das man nicht gnug bewundern kan.
 

DEine Weitung! Tage aus.
Wie mächtig kan das Wasser zehren!
Was lässet sich vor ein Gebrauß,
Vor ein Geräusch und Donnern hören?
Ist es das Stoll-Gespräng? Es ists, ich hör es schon.
Bald läuft das Wasser still und sachte;
Bald scheints, als ob es Perlen machte;
Bald gibt sein sanft Geräusch den angenehmsten Thon.
Das Echo ruft sonst nur in dick-belaubten Wäldern
Und spricht in Thälern ein, uns schwatzt in grünen Feldern;
Hier aber hat es auch sein Haus,
Und füllts durch seine Stimme aus.
 
Glück auf! Glück auf! wir sind nun ietzt
Durch dieses Stollen-Mundloch kommen:
Der Himmel hat und unterstützt,
Kein Schwaden hat und eingenommen.
Nun aber will ich auch die edlen Hütten sehn.
Ich spühr sie schon von ferne rauchen,
Das Holz kan hier nicht dampfend schmauchen,
Sonst könt kein heller Schein von Heerd und Oefen gehn.
Die Roh-Hütt’ läßet mir aus allen ihrem Wesen,
Fluth, Bälgen, Oefen, Rad, Kunst, Fleiß und Nutzen lesen.
Dort brennt ein Feuer, welches bleicht,
Daß man dem blaßen Tode gleicht,
 

Die Seiger-Hütte sucht ich mir
Ein Freuden-Feuer anzuzünden.
Sie legt mir ihre Schätze für.
Was ist wohl nützlichers zu finden?
Man macht auf Heerd und Rost das rohe Kupfer gar.
Der Treib-Heerd kan zur Gnüge zeigen,
Wie die Gewerken Güther steigen.
Mein Augen nimmt mit Lust die Silber-Röthe wahr,
Wer nur betracht, wie hier das Silber fließt und glühet,
Der meinet, daß er auch ein Bild vom Monde siehet.
Das Silber gibt auch Blumen sat,
Woran man tausend Freude hat.
 
Das Feuer lummert mit Gewalt,
Sein Thon kan Ohr und Geist betäuben.
Kein Donner so durchdringend schallt;
Mich aber kans zum Jauchzen teriben.
Kein Regenbogen wird so schön an Farben seyn,
Als hier das Feuer zierlich brennet.
Wer ist, der einen Künstler nennet,
Der also schildern kan? O! seht doch diesen Schein!
Dort ist ein ander Feur von lichten rothen Flammen,
Aucu wlchen wiederum viel neue Farben stammen.
Wie? sind die Hütten und der Berg
Nun nicht mit Recht mein Augenwerk?
 

Beglücktes Bergwerk! das die Hand
Der Allmacht stets mit Seegen krönet,
Mein! sage, ist dir nicht bekannt,
Wer sich nach deinem Wachsthum sehnet?
Dein Berg-Inspector sorgt, dein Tromler ist bedacht,
Bergmännisch und mit Ruhm zu bauen,
Man kan aus allen Werken schauen,
Wie hoches Sein Bemühn, Kunst, Witz und Fleiß gebracht.
Er pfleget keine Zeit und Mühe zu erspahren,
Den Stollen, das Gebäu und Schächte zu befahren.
Dein Flor steigt auch durch Ihn hinauf,
Drum spricht mein Mund zu dir: Glück auf!
 
Durchlauchtigste! die Ihr noch Theil
An diesem Bergwerk habt, vergönnet,
Daß ich Euch wünsche tausend Heil:
Euch , die man billig Götter nennet.
Glück auf! Großmächtigster! Sarmantens-Haupt, August!
Glück auf! Durchlauchtigste von Sachsen!
Ihr müßt bis an den Himmel wachsen!
Lebt, blühet, grünt und prangt zu Eurer Völker Lust;
Glück auf! insonderheit Durchlauchster dieser Länder!
Die Gottheit schenke Dir gewünschte Liebes-Pfänder!
August! mein Herzog, Fürst und Held!
Dein Saame sey ein Schmuck der Welt.
 

Was fehlt mir noch? was wünsch ich mehr?
Glück auf! vortreffliche Gewerken!
Zu eurem Wohl, und GOttes Ehr,
Läßt sich ein steter Seegen merken.
Herr Bergwerk-Inspector auf! Glück auf! zu deinem Amt!
Glück auf! Ihr Berg-Officianten!
Nebst andern Freunden und Bekannten!
Glück auf! die Knapschaft leb; die Schmelzer insgesamt.
Auf! feyret diesen Tag mit Andacht und mit Freuden
Das Berg-Fest will ietzt nicht die Grillenfänger leiden.
Ich schweige, denn die Feder bricht,
Ja heut’ ist Fest; ich mache Schicht!